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Ab heute wieder jeden Mittwoch Click & Collect

Heute geht die wir:coop die wir mit SuperCoop Hamburg zusammen anbieten in die nächste Runde gegangen.

Wir haben in der Zwischenzeit an unserem Konzept gefeilt und einige Teams aufgebaut für Einkauf, Koordination und Sortiment. Das hat heute echt gut funktioniert. Danke an alle, die sich eingebracht haben.

Wer Lust hat, vorbeizuschauen: mittwochs zwischen 18 und 19 Uhr in der Waidmannstraße 12b in 22767 Hamburg.

Das ganze ist wie ihr seht noch kein richtiger Supermarkt, aber der nächste Zwischenschritt dorthin. Wir sind schon sehr gespannt, wann’s dann auf der großen Fläche losgeht.

Beim Aufbau unserer Organisation orientieren wir uns übrigens an dem Konzept der Soziokratie – für agile und gleichzeitig selbstbestimmte Zusammenarbeit. Unsere Motivation: mehr Demokratie in der Wirtschaft. (Siehe dazu unser Interview mit den Unternehmensdemokraten.)

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wir:coop – vom Click & Collect zum Mitmach-Supermarkt

Als sich im Juli nach unserer Absage des Locationangebots in Ottensen zirka 10 Mitglieder vom WirMarkt versammelten, wich der Frust schnell dem Tatendrang. Nach einem weiteren Workshop stand fest: wir möchten nicht länger auf eine dauerhafte Location warten, sondern Handeln – und zwar mit Lebensmitteln. Die Idee: wir mieten uns wöchentlich an einem festen Wochentag einen Raum, der durch unsere Handelspartner beliefert wird. Und zwar mit den Waren, die wir Mitglieder zwei Tage vorher per Online-Shop bestellt haben.

Unsere Schwesterinitiative SuperCoop Hamburg streckte zudem die Fühler zu uns aus. Die Idee: in wirtschaftlich schwierigen Zeiten können wir gemeinsam mehr erreichen, als wenn wir alleine unsere Mitmach-Supermärkte aufbauen. Und die vielen tollen Ideen, wie wir mehr Menschen im Stadtteil mit erschwinglichen und fairen Lebensmitteln versorgen, die gesund für die Menschen und die Erde sind – diese Ideen lassen sich gemeinsam auch besser umsetzen.

Daher starten wir nun gemeinsam diese Bestell-Coop, wie dieses Modell auch genannt wird. Unter das unter dem Namen „wir:coop“ – zusammengesetzt aus „WirMarkt“ und „SuperCoop“.

Als Location dient uns die Packhalle unseres Partners Biobob, die Mittwochnachmittags nicht ausgelastet ist. Und einen kleinen Teil des Lagers können wir ebenfalls nutzen.

Wir freuen uns sehr auf die gemeinsame Aktion und auf geht’s!

Hier werden wir an den Mittwochnachmittagen Waren annehmen, kommissionieren, kassieren etc.
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Idee: gemeinschaftlich Regeln finden durch einen gelosten Mitgliederrat

Wir wünschen uns eine Zukunft die gesund für die Erde und die Menschen ist. Wir brauchen also Regeln, sodass die natürlichen Ressourcen geschützt werden und alle Menschen Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln haben.

Aktuell ist dies nicht der Fall. Lebensmittel dürfen so hergestellt und in solchen Mengen konsumiert werden, dass Ökosysteme kollabieren. Und viele Menschen haben keinen Zugang zu Lebensmitteln aus gesunden Strukturen.

Wie können demokratische Prozesse innerhalb eines kooperativen Supermarkts aussehen, die Regeln finden, sodass der Supermarkt soziale Teilhabe bietet und der Konsum sich innerhalb der Belastungsgrenze der Ökosysteme befindet?

Idee: wir messen, machen das Ergebnis transparent und initiieren einen gelosten, repräsentativen Mitgliederrat, der eine Lösung entwickelt, die dann von der Community umgesetzt wird.

Gehen wir diese Idee konkret an einem Beispiel durch:

  • Anhand der verkauften Produkte unseres Supermarkt messen wir, wie viel Planeten der Konsum unseres Supermarkt entspricht. Dafür nutzen wir z. B. die Ergebnisse der Lancet Kommission, die auch die Planetary Health Diet entwickelt hat.
  • Als Ergebnis erhalten wir: 1,4 Planeten. Wenn also alle auf der Welt so konsumieren würden wie die Menschen in unserem Supermarkt, bräuchten wir 1,4 Planeten um diesen Konsum aufrecht zu erhalten. Das ist natürlich weder sozial gerecht noch ökologisch nachhaltig.
  • Der nächste Schritt ist nun, dieses Ergebnis der Community, also allen Mitgliedern, transparent zu machen.
  • Jetzt werden 50 Mitglieder zufällig gelost. Und zwar so, dass sie repräsentativ für die gesamte Community sind. Also die demografische Verteilung nach Faktoren wie Geschlecht, Gehalt, Migrationshintergrund in etwa der gesamten Community entspricht.
  • Diese Mitglieder bilden einen Mitgliederrat, der Lösungen entwickelt, wie der Supermarkt innerhalb 1,0 Planeten wirtschaften kann.
  • In mehreren Gruppen diskutieren diese Mitglieder und entwickeln Vorschläge. Dazu geben Expert:innen entsprechenden Input.
  • Am Schluss geben sie eine Empfehlung über die sie abstimmen.
  • Anschließend wird der Lösungsvorschlag umgesetzt und nach einer gewissen Zeit wird erneut gemessen und geschaut, ob der Fußabdruck des Supermarkts nun innerhalb der planetaren Möglichkeiten liegt.

Die Akzeptanz dieser Ergebnisse ist deshalb viel höher, als bei Entscheidungsprozessen der engagierten Mitglieder, weil Menschen einbezogen werden, die sonst nicht gehört werden oder gar nicht mitbekommen, dass eine Entscheidung entwickelt wird.

Die Zeit der Teilnahme an dem Mitgliederrat gilt als Mitgliederarbeit und bevorzugt dadurch keine Menschen, die viel Zeit haben.

Dieser Prozess lässt sich natürlich auch mit dem Thema soziale Teilhabe kombinieren. Beispielsweise indem man misst, wie sehr die Demographie der Mitglieder der Demographie des Stadtteils entspricht. Oder ob Meschen aufgrund ihres Einkommens oder ihrer Bildung keine Teilhabe an dem Supermarkt haben.

Findest du das spannend? Dann mach‘ mit bei der Umsetzung.

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WirMarkt zu Besuch beim FoodHub München

Wir waren zu Besuch bei unserer Schwesterinitiative FoodHub München. Herzlichen Dank an FoodHub-Mitgründer Quentin für die Führung und Einblicke in den Supermarkt. Seit einem Jahr eröffnet und mit mehr als 1.500 Mitgliedern sind sie schon deutlich weiter als wir und eine super Inspirationsquelle, wie ein kooperativer Supermarkt aussehen kann.

An den vielen Namensschildern auf dem dritten Foto seht ihr, wie groß die Community schon ist. Und wenn ihr mal den Laden besucht werdet ihr sehen, dass dort eine Stimmung herrscht wie leider nur in wenigen Supermärkten: herzlich und entspannt und trotzdem verantwortungsbewusst und professionell.

Übrigens sehr zu empfehlen ist der Frischkäse, den die Mitglieder vom Markt selbst herstellen – dafür haben sie vorher eine Schulung gemacht, die von der Genossenschaft koordiniert wird.

Und wer gerade mehr aufs Geld achten muss: die Produkte sind wesentlich günstiger als in herkömmlichen Supermärkten, weil alle mit anpacken. Und gleichzeitig krisenfest, denn sie haben Beziehungen zu vielen Landwirt:innen, die sie beliefern.

Wohnt ihr in München, vielleicht sogar in Obergiesing? Dann solltet ihr euch den Laden unbedingt anschauen und Mitglied werden.

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Erster WirMarkt Popup-Store war erfolgreich!

Vom 21.-23. April haben wir für drei Tage im Neuen Amt Altona, Neue Große Bergstraße 5, 22767 Hamburg aufgemacht.

Unsere Community ist nun 48 Mitglieder stärker, wir waren auf der Titelseite der Mopo, es gab einen Artikel im Hamburger Abendblatt und wir haen 516 Produkte verkauft!

Vor allem war es total schön, mit der gesamten Community den Store auf die Beine zu stellen. Von Ladenbau bis Flyern, Kassieren bis untereinander Kennenlernen.

Wir freuen uns auf die nächste Community-Aktion und die Eröffnung!

Unten findet ihr eine kleine Auswahl an Fotos von unserer Veranstaltung.

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Multiple Krisen und neue Strukturen

Der Krieg in der Ukraine lässt uns weiterhin nicht los. Wir möchten euch dazu ermuntern, weiter zu spenden, Geflüchteten zu helfen, für den Frieden zu demonstrieren und euch für eine offene, demokratische Gesellschaft einzusetzen.

Wir leben in einer Zeit multipler Krisen – neben der Klimakrise, dem Artensterben, der zunehmenden Ungleichheit und Covid-19 kommen für uns Menschen in Europa nun auch noch ein Krieg hinzu.

Wenn wir wirklich Frieden haben wollen, kann dies nur gelingen, wenn wir Strukturen aufbauen, die in Kreisläufen funktionieren, statt durch Übernutzung menschlicher und natürlicher Ressourcen. Wenn wir in Zeiten multipler Krisen überleben möchten, braucht es daher auch anpassungsfähige Strukturen auf lokaler Ebene, die auf Vertrauen, Solidarität und Respekt aufbauen. Genau diese wollen wir mit euch aufbauen. Und dazu einen Supermarkt mit euch aufbauen.

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Rezension

Auslaufmodell Supermarkt?

Warum Produkte selbst aus den Regalen suchen und dann an der Kasse stehen, wenn es alternativ in 10 Minuten geliefert wird?

Immer mehr Menschen nutzen Lieferdienste für ihren Wocheneinkauf. Mit Gorillas und Flink gibt es zwei prominente Anbieter und auch die Supermarktketten haben ihre eigenen Lieferdienste.

Wer heutzutage einen stationären Supermarkt eröffnet, braucht daher ein gutes Konzept. Differenzierung über den Preis? Keine Chance gegen die großen Discounter. Differenzierung über die Produktvielfalt? Keine Chance gegen Supermärkte und Lebensmittel-Center. Durch fair und nachhaltig? Vielleicht schon eher, doch darin sind die Bio-Ketten (zumindest in der medialen Wahrnehmung) schon ziemlich gut. Und die Supermärkte werden seit den Kooperationen mit den großen Bio-Verbänden auch immer besser darin.

Was den vielen Lieferdienst-Kund:innen fehlt ist ein Grund, in den Supermarkt zu gehen.

Darum haben wir uns beim WirMarkt viele Gedanken darüber gemacht, warum wir einen Supermarkt eröffnen wollen und was dort anders ist als im herkömmlichen Supermarkt.

Unser Warum haben wir schnell gefunden: wir möchten eine andere Wirtschaft. Eine Wirtschaft, die sich in erster Linie am Wohlergehen der Stakeholder (Lieferantinnen, Kunden, Mitarbeiterinnen, Natur, Gesellschaft) orientiert, statt an Wachstum oder Gewinn. Und eine Wirtschaft, die es diesen Stakeholdern nachvollziehbar macht, was hinter den Kulisse passiert (z. B. Produktionsbedingungen, Standards, Externe Faktoren, Wahre Kosten).

Was den WirMarkt als Supermarkt unterscheidet ist zum einen der Anspruch, dass bei uns alle Konsument:innen nachvollziehen können, wie wir wirtschaften und was auf dem Weg von Acker bis Supermarkt passiert und welche Rahmenbedingungen herrschen.

Und der zweite wichtige Aspekt ist, dass der WirMarkt Mitwirkung ermöglicht. Ein aktives Mitglied ist gleichzeitig auch Miteigentümer:in und kann im Tagesgeschehen mitwirken oder auch an den Standards mitarbeiten. Dazu bieten wir Strukturen, die es Teilhabe leicht machen – sei es durch unsere IT-Infrastruktur oder die Erklärungen im Laden.

Wer schauen möchte, was im Großen gerade so im Bereich Supermarkt passiert, der oder dem sei die Dokumentation „Auslaufmodell Supermarkt“ empfohlen. Sie endet mit der Prophezeiung: „In Zukunft werden die erfolgreich sein, die Technologie und menschliche Dienstleistung auf positive Weise verbinden.“

Da ist was dran.

Mediathek-Tipp: Auslaufmodell Supermarkt?

„Jahrzehntelang beherrschten große Supermarktketten den globalen Lebensmittelmarkt. Doch allmählich scheint ihr Geschäftsmodell überholt: Ein harter Preiskrieg zwischen den Einzelhändlern und die Ankunft digitaler Großkonzerne wie Amazon und Alibaba stürzen Supermarktketten in eine immer tiefere Krise. Der Dokumentarfilm zeigt auch, wie das Einkaufen von morgen aussehen könnte.“ (Quelle: ARTE)

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Call for Scientists

Wirkung fairer und transparenter Supermarkt-Strukturen auf Gesundheit von Mensch und Planet

Liebe Wissenschafts-Community!

Wir möchten eine Wirtschaft, die für alle fair und transparent geregelt ist. Und die gesund für die Menschen und den Planeten ist.

Deshalb bauen wir jetzt einen gemeinschaftlichen Supermarkt. Transparent wird der, indem wir beispielsweise Preise verständlich erklären und in einen Zusammenhang mit den tatsächlichen Kosten stellen. Fair wird der, indem wir unsere Lieferant:innen fragen, was für sie ein auskömmlicher Preis ist, statt den niedrigsten Preis zu zahlen.

Uns ist aber bewusst: unsere Überzeugung allein reicht nicht, dass dies zu einer besseren Welt führt. Wir brauchen euch Wissenschaftler:innen, die empirisch beurteilen, ob unser Supermarkt bei den Beteiligten zu einem anderen Bewusstsein, zu einem anderen Handeln oder sogar zu einer anderen Gesellschaft führt.

Neugierig?

Besonders spannend sind für uns folgende Themen, über die wir gern mit dir sprechen wollen:

  1. Wie verändern sich Essgewohnheiten durch den WirMarkt – werden sie gesünder für die Menschen? Und auch gesünder für den Planeten, z. B. das Klima oder die Artenvielfalt?
  2. Wie sehr führt das Miteinander von Konsument:innen und Produzent:innen zu fairen und langfristigen Lieferbeziehungen?
  3. Wie können wir die Anzahl Planeten berechnen, die unser Supermarkt verbraucht und wie kann diese Information den Supermarkt transformieren?
  4. Welche Informationen sind für die Menschen im WirMarkt relevant und führen zu einer positiven Transformation, die gesund für Menschen und Planeten ist?
Daten

Von persönlichen Interviews bis zur Auswertungen der Kassenzettel ist für uns alles denkbar – solange keine personenbezogenen Daten ohne explizite Einwilligung benutzt werden und der Prozess transparent abläuft.

Melde dich bei uns!

Dann schreibe Fabian aus unserem Team eine Mail oder rufe ihn an:

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Allgemein Hintergundwissen

Born for Korn – Unkonventionell Konventionell?

In dem Dokumentarfilm “Born for Korn”, der vorletzte Woche seine Hamburger Premiere feierte, folgen die Zuschauer über mehrere Monate der Milchbauernfamilie Sierck, mittlerweile in der 6. Generation. Es geht um vieles – Eigenständigkeit, Tierwohl, und die Übernahme des Hofs Fuhlreit und der Meierei Geestfrisch durch zwei der Söhne. Dass dies überhaupt klappt, ist nicht selbstverständlich. Mit jedem Generationswechsel halbiert sich die Zahl der familiengeführten Bauernhöfe, da der Beruf durch steigenden wirtschaftlichen Druck immer weniger Zukunftsperspektiven bietet.

Auf bewusst unspektakuläre Weise lernen wir den Hof und seine Besitzer kennen, folgen ihnen durch den Alltag, und hören ihre Ansichten und Sorgen. Wir sehen wie sich Sohn Arne um die Kühe kümmert, wie sehr sich die Kühe und Bauern freuen, wenn die Tiere auf die Weide getrieben werden, mit wie viel Herzblut Gunda Sierck den Hofladen führt. Jörn Sierck erklärt in einer der Szenen einem Hofbesucher, dass immer einige der Kühe ‚trocken‘ sind, also eine Ruhepause von der Milchabgabe haben. Hier können Verbraucher nicht nur schmecken, sondern auch sehen, wie ihr Käse entsteht. Dies ist jedoch sogar für die Bauern anfangs gewöhnungsbedürftig. Produzent und Verbraucher müssen wieder langsam zueinander zurückfinden.

Die Familie hat dem (für Bauern) unwirtschaftlichen Milchpreis und den schwierigen Marktstrukturen auf ihre Weise den Kampf angesagt – durch den Aufbau ihrer eigenen Milchverarbeitung und die Direktvermarktung der Produkte im eigenen Hofladen. Denn, so Bauer Jörn Sierck, wenn man zwar Lebensmittel produziert, aber nicht davon leben kann, dann liege etwas ganz im Argen. Die Direktvermarktung klappe ganz gut, besonders weil die Leute das Einkaufen im Hofladen zu schätzen wissen. Zu wissen, wie und wo die eigene Nahrung produziert wird, ist ein immer wichtiger werdender Faktor, und immer mehr Verbraucher sind auch bereit, dafür einen fairen Preis zu zahlen.

Die Siercks sind stolze Unternehmer, und wollen nach eigener Aussage nicht abhängig sein von Subventionen oder anderen Geldern. Zugleich aber fordern sie, dass sich ganz klar die Rahmenbedingungen für Bauern von Seiten der Politik ändern müssen, um dem Hofsterben ein Ende zu bereiten und den Beruf wieder attraktiver zu machen. Auch bemängeln sie, dass Jungbauern in der Ausbildung zwar vieles über gute Produktion und EU-Gelder lernen, aber nicht genug über die Ertragsfalle, die sich aus dem schlechten Milchpreis ergibt. „Aber was sind das für Unternehmer, die produzieren, ohne zu wissen, welchen Preis sie für ihre Produkte bekommen?“ fragt Gunda Sierck.

Es gibt aber noch andere Spannungsfelder im Film. Einerseits sehen wir einen familiengeführten Bauernhof, dessen Besitzer sich bemühen, gleichzeitig den Betrieb zu erhalten und ihn zu modernisieren. Nachfolger Arne sieht keine Zukunft in einer Umstellung auf Bio, was er damit begründet, dass er seinen Kühen dann keine Antibiotika mehr verabreichen dürfe (was allerdings nicht ganz der Wahrheit entspricht), und für ihn daher die Gesundheit der Tiere wichtiger sei.

Andererseits jedoch sehen wir auch bei den Siercks wie Kälber von den Müttern getrennt werden und die nächsten Monate in kleinen Gehegen stehen, wo sie aus Euter-Eimern trinken, während die Mütter ihre Milch an Menschen abgeben. Es stellt sich die Frage, wie dies mit dem generellen Streben nach Tierwohl zu vereinbaren ist. Zu anderen Szenen, vor denen sich der Film nicht scheut, zählt unter anderem dass Verladen zwei der Bullen zum örtlichen Schlachter, die aber immerhin auf dem Hof aufwachsen durften, anstatt zur Mast abgegeben zu werden (interessanter Beitrag zum Thema hier).

Jungbauer Arne erzählt uns, dass die Kühe (von denen er alle 100 beim Namen kennt) zwar bis zu 25 Jahre alt werden könnten, aber nach ca. 10 schon “zu alt” sind um noch weiterhin für den Betrieb wirtschaftlich zu sein und deshalb geschlachtet werden. Die männlichen Kälber würden wegen der kurzen Lebenszeit gar nicht erst Namen bekommen. Dass ihm das alles unangenehm ist, sieht man ihm an – aber auch, dass er es für unumgänglich hält.

Dem Film gelingt es, nichts zu beschönigen oder zu verurteilen. Dadurch bekommt der Zuschauer seltene Einblicke und erfährt, welche Ansätze zwar im Rahmen der konventionellen Milchwirtschaft möglich und zukunftsweisend sind – aber auch, welche Praktiken oft trotzdem weiterhin aufrecht erhalten werden, wie zum Beispiel die Trennung der Kälber von den Müttern. Jedoch wird dem Zuschauer bewusst gemacht, dass die Siercks diese Entscheidungen getroffen haben, um den Bauernhof überhaupt noch betreiben zu können. Das Ergebnis eines weiteren aufgegeben Bauernhofs hätte vermutlich nicht weniger Kühe bedeutet, sondern die Übernahme des Betriebs durch einen größeren Betrieb und damit wahrscheinlich weniger Betreuung der Tiere.

Es stellt sich aber trotzdem die Frage, unter welchen Bedingungen – wenn überhaupt – Tiere zur Nahrungsmittelproduktion gehalten werden sollten.

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Zu Besuch auf Biolandhof Woltmann

Hanke Woltmann (24) ist auf den WirMarkt in einem Newsletter aufmerksam geworden. Gemeinsam mit seinen Schwestern ist er auf dem Milchviehbetrieb seiner Familie groß geworden und hat sich schon recht früh dafür entschieden den Hof von den Eltern nach und nach zu übernehmen.

Bei einem von Hankes (seltenen) Hamburg-Ausflügen haben wir uns für einen fröhlichen Kaffee-Austausch getroffen und einige schöne Kooperationsideen gesammelt – mit Blick auf meinen Hafermilch-Cappuccino: „Ich kann euch auch Hafermilch machen.“ Kurzerhand wurde dann beschlossen, dass wir uns den Hof der Familie Woltmann am besten selbst anschauen und zu Besuch kommen. 


Hier ein paar Betriebsdaten zu Hankes Hof:

  • Bioland zertifiziert seit 2000
  • 160 Milchkühe und ca. 170 weibliche Rinder als Nachzucht, Rasse: Rotbunt DN
  • 245 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 3/5 Ackerland
  • Ackerland: Kleegras, Triticale, Mais, Blühfläche
  • Grünland: 3 – 4 Schnitte

Am Mittwoch (28.7.) hat sich die WirMarkt Crew mit Zelten, Isomatten und guter Laune in den Zug gesetzt und ist nach einer kurzen Zug- und Autostrecke quasi direkt im Maisfeld ausgestiegen. Der Futter-Mais für die Kühe wird (wie alles) bei den Woltmanns ökologisch angebaut, dh es gibt zwar etwas Unkraut, aber dafür kann der Boden mehr Wasser aufnehmen, ist stabiler und Erosion wird vermieden – was alles wiederum zum Hochwasserschutz beiträgt. Der Mais hatte (trotz Öko) schon eine stattliche Größe erreicht und uns alle überragt.

Hanke: „So mag ich meinen Mais.“

Den Unterschied zu herkömmlichen Feldern konnten wir dann im benachbarten Maisanbaufeld auch sehen.

Der trockene Boden einer konventionellen Anbau-Fläche

Als nächste Ackerfläche zeigte uns Hanke ein Feld mit Klee- und Weidegras. Das eiweißhaltige Grundfutter für Milchkühe mobilisiert Nährstoffe aus dem Unterboden und ist zwischendurch ein schöner Lebensraum für Nutzinsekten. Hier konnten wir den Unterschied zu Biolandbau auf einer konventionellen Wiese hören: Stille, kein Insektengezirpe.

Begeistert waren wir natürlich auch von der frisch gepflanzten Blühwiese in der zahlreiche Schmetterlinge von Blüte zu Blüte flatterten. Über Blühpatenschaften und CO2 Zertifikate soll die große unbestellte Ackerfläche finanziert werden und einen natürlichen Lebensraum für Bienen und Insekten bieten. 

Nun wollten wir natürlich endlich die eigentlichen Stars der Woltmanns kennenlernen und hatten ein sehr nettes Tête-à-tête mit den 2- und 3-jährigen Kühen. 

Hanke klopft den Kühen lachend auf den Rücken und sagt, wer hätte es gedacht? „So mag ich meine Kühe.“ 

Auf dem Hof selbst trafen wir die „schnellen Tanten“, sieben frisch-gebackene Mutterkühe, die zwei Wochen zu früh gekalbt haben und ihren kleinen niedlichen Nachwuchs in den selbstgebastelten „Iglus“. 

Hier interessierten uns die Gründe gegen eine muttergebundene Kälberaufzucht zu erfahren. Wie in den meisten modernen Milchviehbetrieben werden auch hier die Kälbchen nach kurzer Zeit von ihren Müttern getrennt. So soll sichergestellt werden, dass ein vorsichtig austariertes System nicht aus der Balance gerät. Denn wenn die Kälber nicht genug zu trinken bekommen, da die Mütter gemolken werden, könnten sie in ihrer Milchproduktionsleistung eingeschränkt werden. Die Mutterkuh kann durch das Kalb an den Eutern verletzt werden oder ihr Keime übertragen und dann würde sie in der Produktion ausfallen. Stattdessen bekommt jedes Kalb seine eigene Stallbox und per Milchtaxi oder im Eimer seine Milch geliefert. Das alles sind auch wirtschaftliche Fragen, denen wir weiter auf den Grund gehen wollen. Denn etwas nachdenklich hat uns der Anblick der kleinen Kälbchen so ganz ohne die Mütter trotzdem gestimmt. Wir hätten gern noch etwas länger mit ihnen geschmust. 

Später durften wir die „schnellen Tanten“ dann noch in der Milchstraße live in Action sehen und selber kurz mit melken. Abgerundet wurde die Hof-Tour mit einem selbst-hergestellten Stück Boxhornklee-Gouda (von dem wir sehr gern noch mehr mitgenommen hätten und vllt. bald bestellen werden).

Mit schon etwas Hunger und schwirrenden Köpfen von den ganzen Eindrücken und vielen Infos die Hanke uns lieferte, fuhren wir zum Biolandhof Allers in Neuenkirchen. Auf dem Hof nahe Otterndorf baut die Familie Allers verschiedene Gemüsesorten, Kartoffeln, Grünkohl, Möhren und Erdbeeren an. Im Rahmen des Hofkreislaufs wird mit dem Mist der Rinder, Schafe und Hühner regelmäßig gedüngt. Über eine vielseitigen Fruchtfolge und Kombination an Gemüse tüfteln sie daran den Bioland-Anbau noch weiter zu verbessern. Im kleinen Hofladen deckten wir uns noch mit Frühstücksutensilien und den Herausforderungen ein, die das Betreiben von einem kleinen liebevollen Laden so mit sich bringt.

Zum Ausklang der tollen Hofbesuche ging es noch nach Cuxhaven zum Fisch oder vegan essen mit Wattenmeer-Blick und auf ein, zwei (oder ein paar mehr) Schnäpse in die Kneipe um die Ecke. Auf unsere Frage ob denn hier niemand am Donnerstag arbeiten müsste, kam prompt die Antwort: „Das sind hier alles Bauern, die müssen jeden Tag früh aufstehen. Wochenende kennen wir hier nicht.“ Als wir uns am nächsten morgen müde von unseren Isomatten rollten, waren wir auf jeden Fall sehr beeindruckt 🙂